Der Freundeskreis Asyl Elchingen ist erschüttert. Für die Abschiebung von afghanischen Asylbewerbern, bei der am Dienstag 69 abgeschobenen Männer (darunter 51 aus Bayern) nach Kabul geflogen worden waren, waren auch im Dammweg in Unterelchingen Personen gesucht worden. Im Abschiebeflieger befanden sich hauptsächlich Männer, die eine feste  Arbeitsstelle hatten sowie  gut integrierte Schüler aus Berufsintegrationsklassen und Kranke, die in psychiatrischen Kliniken behandelt worden waren . Die Abschiebeprozedur glich einer Hetzjagd.

Unter denjenigen, die abgeschoben werden sollten, war  auch ein 24-jähriger Afghane aus dem Dammweg in Elchingen, der mitten in den Prüfungen seines qualifizierenden Hauptschulabschlusses an der Berufsschule Neu-Ulm steckte. Um 6 Uhr morgens wurde er in seiner Unterkunft aufgesucht. Bei seiner Festnahme versuchte er,  sich mit einem Gemüsemesser das Leben zu nehmen. Dann wurde er von den Polizisten ins Krankenhaus gebracht, wo  seine Wunden verbunden wurden, und direkt wieder in Abschiebehaft genommen. Er ist einer der Afghanen, die von klein auf nie in Afghanistan waren. Seine Familie wohnt seit vielen Jahren im Iran, doch er besaß nur die afghanische Staatsbürgerschaft.

Nachdem er von der Polizei abgeholt und wegen seiner Verletzungen in der Donauklinik behandelt worden war,  wurde er wohl noch am Flughafen ärztlich untersucht. Völlig unklar ist, wo er jetzt ist. Es gibt Hinweise, dass er nicht in Kabul angekommen ist.

Ebenfalls abgeschoben werden sollte offenbar ein weiterer junger Afghane aus Elchingen. Er hat bereits seinen Hauptschulabschluss absolviert, könnte ab September eine Ausbildung beginnen und arbeitet bereits seit einiger Zeit in seinem Ausbildungsbetrieb. Er spricht sehr gut  deutsch und engagiert sich ehrenamtlich. Sein Antrag auf Ausbildungsduldung wurde noch nicht genehmigt, und nun steht auch er offenbar auf der Abschiebungsliste.

Diese ist lang. Bayern hat sich nach dem Beschluss, nicht mehr nur Identitätsverweigerer und Kriminelle abzuschieben, nicht lange Zeit gelassen, um die neue Abschiebepraxis umzusetzen. Nun sind viele unserer betreuten Afghanen verzweifelt, sie haben jahrelang Deutsch gelernt, um sich hier eine Zukunft aufzubauen. Viele riskieren nun den illegalen Grenzübertritt nach Frankreich oder Italien, um der drohenden Abschiebung zu entfliehen.

Wir vom  Elchinger Freundeskreis Asyl und vom Verein Menschlichkeit  sind entsetzt und hilflos aufgrund dieser neuen Lage und des unmenschlichen Umgangs mit den Geflüchteten. Wieso gerade Personen abgeschoben werden sollen, die sich um Integration bemühen, arbeiten und zur Schule gehen, ist uns unbegreiflich. Bayern scheut keine Mühen, um besonders viele Personen in kürzester Zeit abzuschieben, für Menschlichkeit oder Einzelfälle bleibt da keine Zeit.

Kontaktmöglichkeit:

Freundeskreis Asyl Elchingen: Dr. Birgit Möller, dr.bmoeller@gmx.de, 0174 2113861

Menschlichkeit-ulm e.V. : Elena Flügel, menschlichkeit-ulm@outlook.de, 015784123464

Auch wenn die Rahmenbedingungen oft zum Verzweifeln sind: Die Aktiven des Elchinger Freundeskreises Asyl geben nicht auf. Im Gegenteil. Die Stimmung und die Diskussion beim Jahrestreffen der Helferinnen und Helfer waren höchst produktiv und ermutigend. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagte Dr. Birgit Möller vom Leitungsteam.

Sie dankte ihren Mistreitern und allen, die in den Kleingruppen aktiv sind. Nach den ersten Orientierungshilfen bei der Ankunft gehe es nun um „wirkliche Integration“. Die ist nicht nur wegen kultureller Unterschiede mühsam. So beklagten etliche Helfer, „dass der Staat alles tut, um die Integration zu erschweren“, beispielsweise durch schleppende Bearbeitung von Anträgen und langwierige Prüfung von Dokumenten wie Geburtsurkunden, was Fristenversäumnisse nach sich zieht.

Die Asylanträge fast aller 38 Bewohner im Dammweg seien abgelehnt worden, berichtete Sigrid Thelen. Depressionen und Demotivation seien die Folge. Einige hätten sich weiter auf die Flucht nach Italien oder Frankreich begeben. Tief schockiert hat sowohl Helfer als auch Flüchtlinge im vergangenen Jahr der Suizid eines jungen Afghanen, der sich nach Frankreich abgesetzt hatte. Ein Landsmann wird laut Sigrid Thelen derzeit wegen starker Depression und Suizidgefahr im BKH Günzburg behandelt. Das alles wirkt sich auf die Helfer aus. „Daher sind wir Pater Ulrich sehr dankbar, dass er uns die Supervision ermöglicht“, sagte Birgit Möller. „Er hat auch immer ein offenes Ohr für uns, und wenn es irgendwo brennt, bringt er alles auf wundersame Weise wieder in Ordnung.“

Neue Bundesfreiwillige

Hinter den Helfern liegt ein arbeits- und ereignisreiches Jahr, das auch geprägt war von Fortbildungen und Netzwerkarbeit. Kontinuierlich läuft die Arbeit in den Gruppen von „Sachspenden“ über „Sprachförderung“, „Hausaufgabenhilfe“, „Sprechstunde“ bis hin zu „Familienbegleitung“ und „Freizeitgestaltung“. In diesem Zusammenhang lobte Birgit Möller, dass alle örtlichen Sportvereine sehr engagiert sind, um die Flüchtlinge zu integrieren.

Große Herausforderung sind nach wie vor Wohnungs- und Arbeitssuche. Dieses Jahr werden etliche junge Flüchtlinge die Berufsvorbereitung beenden. Hinzu kommt als neue Aufgabe die Integration der nachgezogenen Frauen und Kinder. Froh ist der Freundeskreis daher über die Unterstützung der Bundesfreiwilligen Marie-Louise Schlehuber. „Aber wenn wir nach Langenau schauen, wo sich zusätzlich zu den Ehrenamtlichen drei Teilzeit-Hauptamtliche um 122 Flüchtlinge kümmern, erblassen wir vor Neid“, sagte Möller.

Weitere Helfer gesucht

Besonders die Familienbegleiter wären dankbar, wenn weitere Ehrenamtliche sie bei ihrer Arbeit unterstützen würden. Derzeit leben 19 Flüchtlingsfamilien in Elchingen, die von zwölf Helfern betreut werden. Überlegt werde, ob und wie die Radstation mit dem von der Agenda geplanten Reparaturcafé kooperieren könne, sagte Giorgio Demartin. Weil Flüchtlinge, die mittlerweile Deutschkurse in mehreren Stufen durchlaufen haben, immer wieder den Wunsch äußern, Kontakte zu Elchingern zu knüpfen und ihre Sprachkenntnisse auch außerhalb des Unterrichts anzuwenden, soll nun ein Café-Treff initiiert werden – zusätzlich zu den lockeren Treffs jeden Mittwoch in der Kleidertruhe, zu denen weiterhin alle Bürger eingeladen sind.

Michael Schramm

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